Freitag, 7. April 2006

Wem nutzt die Warnow-Region?

Gemeinden gehen zum Verein auf Distanz / Verwirrung um Kontrolle von Fördermitteln

Bützow • Der Verein Warnowregion steht in der Kritik. Vom Anspruch, die Region von Rostock bis Crivitz, von Neukloster bis Krakow zu vereinen, sei der Verein weit entfernt, kritisieren Kommunalpolitiker. Die Praxis: Gemeinden wenden sich ab. Hat ein Mitglied des Warnowregion e.V. sogar finanziellen Vorteil aus EU-Fördermitteln gezogen?

150000 Euro Fördermittel hatte der Verein über das EU-Programm Interreg III B, Projekt Balt Coast für die Warnowregion erhalten. Der Förderzeitraum ist abgelaufen, nun liegt dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Rostock ein neuer Antrag vor: 176000 Euro will der Verein für zwei Jahre erhalten. StAUN-Chef Hans-Joachim Meier hat dies abgelehnt. Seine Begründung: Der Verein habe bisher nicht nachgewiesen, dass Kommunen überhaupt bereit sind, mit ihm zusammenzuarbeiten, und Zweitens: dann auch die nötigen Eigenmittel bereitstellen. Seit August 2005 liege der Fördermittelantrag vor; die nötigen Antworten habe der Verein bisher nicht nachgeliefert, sagte Meier gestern. Was er noch moniert: mehr als 55000 Euro sind im Antrag als "Personalkosten" ausgewiesen. Meier: "Das ist mir zu undurchsichtig." Er vermisse konkrete Angaben.

Schwer zu durchschauen ist auch, wie die 150000 Euro, die an den Verein ausgereicht wurden, verwendet wurden. Das Landesarbeitsministerium reichte das Geld von der EU durch, wie die Fördermittel eingesetzt werden, prüfe es indes nicht, so Sprecherin Elgin Förster. Dafür wiederum sei das Interreg-Büro Rostock zuständig, von der EU installiert. Dort erklärt der zuständige Mitarbeiter, Rostislav Zatloukal: "Wir gehen nicht so detailliert in die Projekte hinein." Er verweist zurück an den "Projekt-Führer", das Arbeitsministerium. Auf Angaben von dort verlasse man sich. Eine Antwort auf die erneute SVZ-Anfrage hatte das Ministerium ges-tern nicht parat.

So ist folgende Frage nicht prüfbar: Hatte Vereins-Mitglied Dr. Günter Hering finanziellen Vorteil von Aufträgen, die der Verein selbst erteilte? Hering vertritt in Rostock die Firma OIKOS, die als Kontaktbüro für den Warnowregion e.V. fungiert.

Gustav Graf von Westarp, Vorsitzender des Vereins Warnowregion, wollte Fragen diesbezüglich gestern nicht beantworten. Er verwies darauf, dass der Fördermittelantrag beim StAUN nicht öffentlich verlaufe. "Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich zu dem laufenden Antrag und allen Dingen, die damit im Zusammenhang stehen, keine Stellung nehme", so Westarp. Auch die Fragen nach aktuellem Sitz des Vereins und Zahl der Mitglieder blieben ohne Antwort.

Verein verliert Akzeptanz

Gerd Schäde, Dezernent im Amt für Raumordnung Rostock, bewertet die Entwicklung in der Warnowregion gespalten: "Die Idee ist unstrittig positiv", sagt er. Aber: "Die Chancen wurden nicht 100-prozentig genutzt." Das Amt hatte sich am Projekt mit 3000 Euro pro Jahr beteiligt. Weiß Schäde, wofür genau das Geld eingesetzt wurde. "Im Detail nicht", so seine Antwort. Er sei nur informiert worden, "welche Maßnahmen gelaufen sind". Nicht aber, wer das Geld kassierte. Es sei aber üblich, "dass ein Projekt-Mitarbeiter über das Projekt mit vergütet wird".

Unterdessen geht dem Verein Warnowregion die Akzeptanz verloren. Wesentlicher Bestandteil der Region sind Städte Schwaan und Bützow. Doch: Beide sind – wie auch Rostock – nicht Partner des Vereins, dafür im Projekt "Flusslandschaft Warnow" verbunden. Die Gründe hierfür sind ähnlich. Schwaans Bürgermeister Peter Faix moniert, dass nur Konzepte geschrieben würden. "Man könnte dies oder jenes tun, heißt es immer" so Faix. Er bewertet kritisch, dass die Firma OIKOS finanziell profitiere: "Herr Hering wirbt für eine Idee, mit der er hinterher Geld verdienen kann."

Bützows Bürgermeister Lothar Stroppe ist gegen einen Eintritt seiner Stadt in den Verein. Er begründet dies mit Erlebnissen der Vergangenheit. Beispiel: Regionalschau 2004 in Bützow. Hier habe er sich überrollt gefühlt. "Erst war ich nur Schirmherr, dann musste ich selbst loslaufen, um weitere Partner zu suchen", so Stroppe. "Mir ist das alles zu theoretisch", schätzt er den Anspruch des Vereins ein. "Ich brauche niemanden, der nur meine Ergebnisse zusammenfasst." Die Idee der Warnowregion finde er dagegen gut. Deshalb werde die Stadt Bützow zeitnah Vertreter anderer Ämter einladen, um gemeinsame Ziele abzustecken. Stroppe: "Ich möchte andere Strukturen."

Andere Gemeinden denken ähnlich. Vorbeck oder Rukieten wiesen eine Mitgliedschaft im Verein kürzlich zurück. Die Gemeinde Rühn, direkt an der Warnow gelegen, lehnt seit langem eine Zuammenarbeit mit Warnowregion e.V. ab. "Da werden nur Konzepte geschrieben, Konkretes entsteht nicht", glaubt Bürgermeister Hans-Georg Harloff. Thomas Willert, Papendorf, will erst die Initiativen in den Dörfern wachsen sehen, bevor ein großes Gebilde entsteht. Dass die Warnowregion bis nach Krakow am See führen soll, wo keine Warnow fließt, halte er "für einen Geburtsfehler".

Idee gut, Umsetzung nicht – so lautet das Fazit von Dr. Heinrich Murr und Eckhard Krüger, Amtsvorsteher der Ämter Güstrow-Land und Bützow-Land. "Mir scheint, dass der Verein an seine Grenzen stößt", so Murr. "Wir brauchen eine größere Klammer." Dies könnte die Universität Rostock sein. Eine große Mehrheit von Kommunalpolitikern stimmte kürzlich auf einer Tagung dafür, dass dabei Prof. Wolfgang Riedel federführend sein soll. Was Murr wurmt: Die beiden Vertreter des Vereins Warnowregion, die stets die Gemeinsamkeit betonen, hätten dagegen gestimmt. Eckhard Krüger will sogar das Land als Koordinator. Frank Pubantz

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